Datenspeicher: Von der Festplatte zu molekularen Magneten
Klein, kleiner, molekular: Sind molekulare Magnete die Speichermedien der Zukunft?
Speichermedien wie Prozessoren werden immer kleiner, immer energieeffizienter, immer schneller. Herkömmliche Festplatten stoßen da irgendwann an ihre Grenzen. Forscher in Karlsruhe und Kaiserslautern beschäftigen sich derzeit mit molekularen Speichern: In den Molekülen enthaltene Metalle haben magnetische Eigenschaften. Wie können die genutzt werden?
Ohne Magnetspeicher geht es nicht
Firmen arbeiten an selbstnavigierenden Autos, der Verkehr soll in naher Zukunft von der Straße in die Luft verlegt werden, bereits existierende Transportmittel und Geräte werden immer weiter computerisiert. Prozessoren müssen kleiner, leichter und vor allem schneller und energieeffizienter werden, um alle diese Entwicklungen mitzumachen. Denn das selbstnavigierende Auto beispielsweise ist sehr rechenintensiv – ohne geeignete Speicher fährt da gar nichts.
Magnetische Moleküle sind daher interessant: Sie ermöglichen es, auf sehr kleinem Raum Informationen magnetisch zu speichern. Größe und Gewicht der Speichermedien lassen sich gegenüber den aktuell verwendeten Technologien deutlich reduzieren.
Was ist mit molekularen Magneten für Speichermedien möglich
Einzelnmolekühlmagnete sind verhalten sich völlig anders als klassische Magnete oder auch Neodym-Magnete, die zu den stärksten der Welt gehören. Bei molekularen Magneten soll jedes einzelne Molekül als eine Speichereinheit funktionieren. Die Moleküle sind jeweils nur einen Nanometer groß. Die magnetische Ausrichtung eines jeden Moleküls kann entweder eine Eins oder eine Null kodieren.
Der Plan ist, die Moleküle miteinander kommunizieren zu lassen. Denn dann sind sehr schnelle Prozessoren möglich. Und vor allem kann man sich auch neue Funktionen vorstellen. Beispielsweise wäre es möglich, nichtflüchtige Arbeitsspeicher zu konstruieren, die energieeffizienter als die heute genutzten Technologien wären. Außerdem würden solche Speichermedien bei einem Stromausfall keine Daten verlieren.
Mehrere Forschungszentren arbeiten an der gleichen Technologie
Im Forschungszentrum Jülich und an der Universität Hamburg arbeiten Forschende gerade an wagenförmig strukturierten Kohlenstoff-Nanogebilden. Die Gebilde haben unterschiedliche Größen und werden chemisch an Atomen befestigt, die aus einer Eisenschicht bestehen und auf Iridium sitzen.
Bislang weiß man, dass diese Hybride gegenüber äußeren Magnetfeldern stabil sind und sich gezielt umschalten lassen. Daher sollten sie das Einschreiben von Informationen ermöglichen. Die Moleküle sind zumindest theoretisch in der Lage, miteinander zu kommunizieren. Denn sie sind magnetisch untereinander gekoppelt.
Wie genau das nun nutzbar sein wird, erforschen die Wissenschaftler noch. Momentan werden die Moleküle auf verschiedene Arten untersucht und analysiert. Gleichzeitig werden am Peter Grünberg Institut und am Institute for Advanced Simulation physikalische Modelle entwickelt, die die Funktionsweisen und Eigenschaften dieser Moleküle erklären sollen. Bekannt ist bereits, dass der Eigendrehimpuls oder Spin von Elektronen genutzt werden kann.
Aktueller Forschungsstand: Noch kein nutzbares Produkt
Die Eisenschicht weist selbst keine Nettomagnetisierung auf. Allerdings führt die starke Wechselwirkung, die zwischen den Eisenatomen und den Kohlenstoffstrukturen besteht, zu der Bildung von stabilen lokalen magnetischen Einheiten. Und die lassen sich schalten.
Der Clou der Konstruktion ist, dass die Stabilität der hybride sich über die Größe der Kohlenstoffmoleküle sogar einstellen lässt. Sind die Moleküle kleiner, ist das magnetische Moment jedes Eisenatoms stabiler. Je kleiner die Moleküle werden, desto höher ist die Stabilität. Die Kohlenstoffgebilde bestehen aus Coronenmolekülen und Graphenflocken. Sie liegen wie winzige Inseln mehr oder weniger verstreut auf der Eisenschicht. Die Eisenschicht selbst ist nur eine Atomlage dick. Die magnetischen Momente dieser Kohlenstoff-Eisen-Hybride stehen miteinander in Kontakt.
Die Wissenschaftler erklären die Funktion der molekularen Magnete so: auf der Oberfläche der Eisenschicht werden wirbelförmige Spinstrukturen vermittelt. Auch diese Strukturen kommunizieren untereinander. Das wird als magnetische Skyrmionen bezeichnet.
Lena Scherten, Doktorandin von Professor Dr. Volker Schünemann an der Technischen Universität Kaiserslautern, erklärt das vereinfacht: Die molekularen Magnete haben ein Zentrum aus Metall. Das ist mit organischen Liganten verbunden. Zusammen ergibt das ein Molekül. Neben Eisen kommt als Metallzentrum Dysprosuim oder andere seltene Erden (Lanthanoide) in Betracht. Die Elektrononen dieser seltenen Erden können ein relativ starkes magnetisches Moment erzeugen.
Dass es diese Strukturen gibt, darauf gab es schon vor 25 Jahren Hinweise. Allerdings konnten die Arbeitsgruppen in Jülich und Hamburg sie erst 2011 in magnetischen Filmen finden und nachweisen. Die Materialien wurden von der Universität Hamburg getestet. In Hamburg verwendeten die Wissenschaftler spinnpolarisierte Rastertunnelmikroskopie, um die Hybride zu schalten. Gemessen wurde bei 6,5 Kelvin, das entspricht einer Temperatur von zirka -267° C.
Für die Zukunft gehen sie davon as, dass die Hybride auch bei “normalen” Temperaturen einsetzbar sind. Immerhin konnten in Jülich in der Vergangenheit bereits schaltbare metallorganische Moleküle hergestellt werden, die bei Temperaturen von etwa -20° C funktionierten.
Fazit: Grenzen der Datenspeicherung weiter verschieben?
Die herkömmlichen Techniken zur Datenspeicherung stoßen schon jetzt immer wieder an ihre Grenzen. Künftig müssen Speichermedien einfach mehr leisten, schneller und effizienter leisten und vor allem bei weniger Materialeinsatz leisten. Die Hoffnung ist, dass die molekularen Magnete hier eine Lösung bieten. Die Nutzung in Festplatten, in Speicherchips und in Sensoren ist in Zukunft denkbar. Zuerst einmal müssen die Arbeitsgruppen in Kaiserslautern und Karlsruhe aber die charakteristischen Eigenschaften der molekularen Magnete noch besser bestehen. Erst danach können strategisch weitere Systeme entwickelt werden.
Während bislang Systeme mit einem einzigen Metallzentrum untersucht wurden, sollen nun auch molekulare Magnete mit zwei und mehr Metallzentren analysiert werden. Wichtig ist, dass die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Metallen möglicherweise ein besseres Speicherverhalten generieren. Und das wäre dann wiederum für Speichermedien nutzbar die besondere Anforderungen jedwelcher Art erfüllen müssen.
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